10 Tipps, die Deinen Gitarrensound fett machen
So lieferst du live und im Studio ein gewaltiges Brett ab!
Gitarristen sind mit ihrem Sound eigentlich nie zufrieden. Besonders groß kann die Enttäuschung sein, wenn man einen Mitschnitt aus dem Proberaum oder vom Live-Gig hört und alles einfach dünn und amateurhaft klingt. Auch beim Festhalten von Songideen und schnell erstellten Demos ist der Gitarrensound meist eher bescheiden. Um dir und der Welt bessere Sounds zu bescheren, geben wir dir die Top-10-Tipps der Profis für einen fetteren Gitarrensound, damit du live oder im Studio besser klingst.
Wie wird ein Gitarrensound fetter?
Beginnen wir mit dem Doubling, der Verdoppelung einer Spur. Einen vollen Klang wollten schon die klassischen Komponisten und Musiker erreichen. Schauen wir uns mal an, wie sie das gemacht haben: Spielen z.B. zwei Geiger dieselbe Melodie, gibt es ganz leichte Abweichungen in der Tonhöhe und im Tempo, auch wenn beide hervorragende Musiker sind. Das ist auch nichts Schlechtes, denn diese Abweichungen machen den Klang voller wie bei einem Chor. Bei 10 Geigern gibt es noch eine größere Fächerung an leicht unterschiedlichen Frequenzen und Zeiten. Das ergibt einen richtig fetten weil sehr breiten und doch schwebenden Klang! Deswegen sind im klassischen Orchester alle Instrumente mehrfach besetzt, auch wenn das eigentliche Werk nur ca. 12 „Spuren“ hat.
Doppeln im Studio – was ist eine „Wall of Sound“?
Als Mitte der 1950er der Rock’n’Roll aufkam, musste die Band den Song im Studio komplett live einspielen. Oft brauchte es 10 oder 20 Versuche. Als Anfang der 1960er-Jahre die ersten 4-Spur-Bandmaschinen in den Studios standen, spielten die Bands immer noch live ein. Allerdings wurde die Gesangsstimme hinterher meistens noch gedoppelt. Das war ein ganz neuer, voller Sound! Oft wurde es dabei unter Zeitdruck etwas ungenau, zu hören z.B. bei Paul McCartney und dem Beatles-Song „Can’t buy me love“.
Als es dann in den 1970ern endlich 24 Spuren und mehr gab, wurde alles gedoppelt, was ging. Dieser „Wahl of Sound“ war z.B. das Markenzeichen vom Erfolgsproduzenten Phil Spector. Und auch auf jedem Abba-Hit findet sich das Schlagzeug doppelt eingespielt, Gitarren dreifach, Chorstimmen ohne Ende.
Auch heutzutage ist das zig-fache Doppeln immer noch die beste Lösung. Wenn bei einem Rammstein-Riff die Gitarre 10 mal eingespielt wurde, ist es einfach megafett.
Fetter Gitarrensound im Studio
Da reichlich freie Spuren selbst in einem Homestudio heute kein Problem sind, solltest du also die Rhythmusgitarren doppeln. Das exakte Übereinanderspielen musst du allerdings etwas üben. Am besten drehst du dir deine Hauptspur besonders laut in den Kopfhörer.
Meist macht es Sinn, die gedoppelte Spur mit einem etwas anderen Sound einzuspielen. Benutze verschiedene Gitarren, wie Strat, Tele, Les Paul, SG, Semi-Acustics. Mit Verstärkern machst du es genauso. Falls du noch keinen Amp-Modeler benutzt, solltest du für dein Homestudio einen kaufen, denn diese Geräte bieten dir die Sounds aller berühmten Röhrenamps der Gitarrengeschichte an. Es ist oft besser, ähnliche Amp-Modelings zu nutzen, damit die Sounds nicht zu stark voneinander abweichen. Also z.B. einen Fender Twin* mit einem Fender Deluxe*, einen Vox AC-30* zusammen mit einem Matchless (der bekannte Edel-Vox-Nachbau) oder einen Marshall mit Mesa Boogie.
Mit echten Amps ist es schon aus finanziellen Gründen etwas schwieriger, vielleicht kannst du dir ein paar Amps ausleihen. Manche Studios haben auch den einen oder anderen klassischen Verstärker im Inventar. Zum Beispiel läuft in den „H.O.M.E. STUDIOS“ von Produzent Franz Plasa (Selig, Echt, Felix de Luxe) jede Gitarrenaufnahme durch einen Splitter auf fünf unterschiedliche Vintage-Röhrenamps, fertig mikrofoniert und jederzeit einsatzbereit. Erst im Mix werden zwei oder drei Spuren für den Song ausgewählt.
Hast du die Rhythmusgitarre ein- oder zweimal sauber gedoppelt, verteilst du die Spuren mit den Panning-Reglern im Stereo-Panorama. Außerdem kannst du unterschiedliche Lautstärken einstellen. Du wirst staunen, was für ein fettes Brett du hörst!
Wie soll das Doubling auf der Bühne funktionieren?
Klar, auf der Bühne spielst nur du allein deinen Gitarrenpart. Es sind keine anderen Gitarristen da. Die würden dir ja auch nur das Bier wegtrinken. Um trotzdem kleine Unterschiede in Tonhöhe und Zeit zu erzeugen, gibt es zum Glück kleine bunte Gitarrenpedale. Am bekanntesten für einen volleren Gitarrensound ist der 1975 von Roland/Boss erfundene Chorus Effekt. Dein Gitarrenton wird im Pedal elektronisch gedoppelt, der zweite Ton wird in der Tonhöhe wellenförmig variiert. Tempo und Stärke der Welle kannst du mit den Reglern einstellen. Kurz vor der Ausgangsbuchse werden Originalton und die gedoppelte Version kombiniert, das klingt schon mal deutlich voller. Jeder Hersteller hat mindestens ein Choruspedal im Sortiment. Lies dazu auch unseren Artikel über Modulationseffekte. Berühmte Choruspedale sind der Boss CE-5* und der Electro Harmonix Small Clone* (zu hören zum Beispiel bei Nirvana).
Fast noch besser doppelst du mit einem sogenannten Pitchshifter. Zusätzlich zu einer sehr feinen Tonhöhen-Schwankung produziert er auch eine zeitliche Verzögerung. Eddie van Halen, Steve Vai, Pat Metheny und viele andere Gitarrenhelden nutzen Pitch-Shifter live und im Studio. Sie sind oft Teil eines Rack-Multieffekts wie im legendären Digitech GSP 2101. Es gibt sie aber auch als Pedal, wie den Boss PS-6 Harmonizer*
Eine zeitliche Verzögerung ohne Tonhöhenschwankung bringt aber auch schon einen volleren Klang. Dies ist mit jedem Echopedal möglich, wie mit dem Boss DD-7 Digital Delay* oder dem TC Electronic Flashback* die Gitarristen am häufigsten kaufen. Die Anzahl der Wiederholungen stellst du nur auf eine einzige, mit gleicher Lautstärke wie der Originalton. Als Echozeit wählst du nur 30 bis 60 Millisekunden. Dies ist so kurz, dass das Echo nicht als einzelner Ton erkennbar ist. Jetzt hörst du das klassische Echo Doubling, einen gedoppelten Ton. Schaltest du vor das Echo noch einen Chorus, hast du Tonhöhen- und Zeitverschiebung gleichzeitig am Start. Du musst ein wenig mit der Effektstärke experimentieren, zuviel Effektanteil macht den Klang künstlich und metallisch. Gitarrengott Steve Stevens ist ein Meister darin, auf diese Art den Sound aufzublasen.
Die vielen Arten ein Echo-Pedal einzustellen findest du in unserem Artikel über Delay-Effekte.
Fetter Live-Sound durch mehr Aufwand
Willst du einen noch fetteren Live-Sound, kannst Du mit dem folgenden Trick mehr aus Deinem Sound machen. Allerdings steigt der Aufwand dann natürlich auch. Zusätzlich zum Live-Doubling mit Effekten solltest du probieren in stereo zu spielen. Du musst nicht zwangsweise deinen Verstärker ein zweites Mal kaufen. Der zweite Amp kann kleiner sein und darf gerne einen anderen Grundsound haben. Es geht auch ein Gebrauchter, den du zum Beispiel hier auf LOUDER.com oder von MuckerBox.de kaufen kannst. Lass‘ beide Amps von den Tontechnikern abnehmen und vergiss nicht, den Tonmann beim Soundcheck auf dein Stereo-Setup hinzuweisen. Denn er muss deine beiden Signale am Pult im Stereobild der Beschallungsanlage verteilen. Positioniere die beiden Amps nicht direkt nebeneinander sondern mit einigen Metern Abstand, dann kommst du schon auf der Bühne in den Genuss eines breiten Klangs.
Bereits die unterschiedlichen Grundsounds der beiden Amps sorgen für einen volleren Sound. Beim zusätzlichen Einsatz von Stereo-Effekten wie Chorus und Pitchshifter geht dann richtig die Sonne auf. Lange Ping-Pong-Echos, die abwechselnd im linken und rechten Verstärker zu hören sind, machen Solopassagen besonders fett. Du wirst nie wieder mit nur einem Amp spielen wollen!
Im Studio experimentieren um den perfekten Sound zu finden
Leider arbeiten Chorus- und Echopedale mit festgelegten Abweichungen von Tonhöhen und Zeit. Wenn ein Musiker seine Spur doppelt, klingt es unregelmäßiger und damit echter. Im Homestudio solltest du dem doppelten Einspielen also immer den Vorrang vor den Effekten geben. Dabei darfst du mit den Dopplungsspuren gerne experimentieren: Erfolgsproduzent Franz Plasa mischt seinem Schlagzeug fast immer eine kopierte, aber völlig verzerrte Schlagzeugspur mit 10% Lautstärke dazu … „für den richtigen Dreck“. Cleane Gitarrenspuren darfst du also gerne mit angezerrten Spuren leise andicken.
Eine Spur zu doppeln mit Hilfe eines Banjos, einer Mandoline oder einer dünn klingenden Billigklampfe vom Flohmarkt kann den ganz besonderen Sound bringen, wenn du es mit der Lautstärke nicht übertreibst. Ich habe zum Doppeln auch immer eine Akustische und eine Elektrische im Nashville Tuning da. Eine normale sechssaitige Gitarre wird nur mit den dünnen Oktavsaiten einer 12-saitigen bestückt, diese Oktavsaiten gibt es als einzelnen Satz z.B. den EXL150H von D’Addario*. Deim Doppeln klingen die Akkorde höher und sphärisch. Ein wenig links und rechts dazugemischt wertet es jede Rhythmusgitarre auf. Ähnlich hoch und schön kann das Doppeln einer Gitarre eine Oktave höher sein. Dazu musst du aber unbedingt ein stimmstabiles Kapodaster kaufen, z.B. das G7th Performance II*, welches dann am 12. Bund angebracht wird. Man muss das Greifen von offenen Akkorden im 12. Bund etwas üben. Es ist alles sehr eng, aber spannend im Klang.
Fette Effekte aus der Recording-Software
Zwei Tipps noch, wenn du eine Gitarrenspur aufgenommen hast. Statt sie zu doppeln, kannst du diese Spur kopieren und die Kopie mit einem extrem eingestellten Kompressor versehen. Diese extrem fette aber undynamische Spur mischt du mit ca. 60% Lautstärke zur Originalspur dazu. Das Ergebnis ist gleichzeitig fett und dynamisch. Eine gute Idee ist es auch, eine Gitarrenspur mit einem kurzen aber kräftigen Raumhall zu versehen. Deine Aufnahme-Software bietet sicherlich fertige Voreinstellungen, die du testen kannst. Sie heißen meist „Ambience“, „Small Room“, „Small Box“, „Bathroom“ oder „Snare Room“. Damit füllst du eine Gitarrenspur auch schon kräftig auf.
Fazit: Dein fetter Gitarrensound
Die Möglichkeiten, um den Sound live und im Studio richtig fett zu bekommen, sind vielfältig. Im Studio sollte das doppelte und dreifache Einspielen von Gitarrenspuren immer Vorrang vor Effekten haben, weil es natürlicher klingt. Bei den zusätzlichen Spuren sind leichte Klangvariationen durch unterschiedliche Gitarren und Amps sehr hilfreich für einen noch volleren Sound. Das leise Zumischen von gedoppelten Parts mit exotischen Sounds wie Mandoline, Banjo, Billiggitarre, Nashville-Tunings oder Oktavgitarren kann der Gitarrenspur das ganz besondere Etwas geben. Schließlich können Studioeffekte wie Ambience-Hall und Kompressor-Spuren den Sound weiter verdicken. Live gibt es für fettere Sounds viele Effektpedale wie Chorus & Pitch-Shifter & Delay, und in einem besonders breiten Sound badest du, wenn du zwei unterschiedlichen Amps in Stereo am Start hast.
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