Fanned Frets und Multiscale-Gitarren – Ergonomie und perfektionierter Klang
Fanned Frets sind die Lösung für ein Problem, das nahezu jeder Gitarrist kennt. Denn bei der herkömmlichen Gitarren-Bauweise können manche Saiten dünner klingen als andere. Beim Spielen entsteht daher manchmal das Gefühl, das Instrument sei unausgewogen.
Während dünne Saiten schön crisp daherkommen, sind die dicken irgendwie lasch. Oder während die dicken Saiten ordentlich Bass entfalten, gehen die dünnen im Sound unter. Vielleicht schlabbern die tiefen Saiten sogar, aufgrund Deines Down-Tunings.
Fanned Frets und Multiscale sollen hier Abhilfe schaffen. Wie und warum und was hinter den gefächerten Bünden steckt, fassen wir in diesem Artikel für Dich zusammen.
Und mal ganz nebenbei: So ein gefächerter Fanned Frets Gitarrenhals sieht nicht nur mordsmäßig aus, er klingt tatsächlich auch so. Zusätzlich kommt er Deinen Fingern auch noch ergonomisch entgegen. Aber dazu später mehr.
Hier erstmal zur Veranschaulichung am Beispiel des Herstellers Ormsby Guitars drei Multiscale-Gitarren. Damit kannst Du Dir das Prinzip der Fanned Frets einer Multiscale-Gitarre schon mal vor Augen führen.
Drei Gitarren mit Fanned Frets der Marke Ormsby, Copyright by Ormsby-Guitars
Multiscale – Unterschiedliche Mensuren für unterschiedliche Saitenlängen
Der Grundgedanke, der sich hinter der Fanned Frets Bundfächerung verbirgt, ist der, dass verschiedene Tonhöhen verschiedene Saitenlängen benötigen. Soll heißen: Je tiefer eine Saite klingen soll, desto länger muss sie sein. Und umgekehrt verhält es sich genauso. Daraus ergeben sich unterschiedliche Mensuren für die unterschiedlichen Saiten der Gitarre. Und das erklärt letztendlich auch den Namen Multiscale.
Stell Dir vor, Du würdest eine Bass-Saite auf die Gitarre aufziehen. Das würde zwar tief und vielleicht auch tight klingen, jedoch wäre der Ton relativ kurz. Der Sustain fehlt schlichtweg. Das kommt daher, dass eine dickere Saite vom physikalischen Standpunkt her auch eine größere Länge zum Schwingen benötigt. Und genau hier greifen die unterschiedlichen Mensuren der Multiscale-Gitarre ein.
Ormsby Multiscale Gitarre „Black & White“, Copyright by Ormsby-Guitars
Hier erkennst Du die unterschiedlichen Saitenlängen von der dicken hin zur dünnen Saite. Die Brückenreiter und der Sattel sind schräg zueinander angeordnet, so dass sie sich in der Verlängerung schneiden würden. Nutzungserlaubnis von Ormsby-Guitars. Copyright @ Ormsby Guitars.
Kurzer Exkurs: Was ist eine Mensur bei der Gitarre?
Nun, die Mensur bezeichnet die Länge der Saite vom Steg bis hin zum Sattel. Und jetzt mal so als Gegen-Beispiel: Die Mensur einer normalen Fender Stratocaster liegt bei 25,5 Zoll. Das entspricht 648 mm. Für jede einzelne Saite.
Bei einer Gitarre mit einer Multiscale jedoch gibt es nun verschiedene Mensuren auf der selben Gitarre. So variiert die Länge vom hohen E mit 25,5 Zoll bis hin zum tiefen H einer Sieben-Saiter mit 27,8 Zoll. Aber das ist nur ein Beispiel, denn auch andere Mensuren sind denkbar und möglich. Vor allem, wenn es in den Custom-Shop-Bereich geht. Manche Gitarrenbauer gehen da im Tieftonbereich teilweise hoch bis 28 Zoll. Manch andere hingegen nutzen nur eine kleine Spanne von vielleicht 24,5 bis 25,5 Zoll. Hier gilt: Was gefällt und was Du Dir als Kunde wünschst, das ist gut. Also einfach mal ausprobieren.
Um gut zu klingen, benötigen verschiedene Saiten-Dicken also auch verschiedene Längen. Und dabei genügen schon einige wenige Zentimeter, um der Saite zu einem weitaus längeren Sustain zu verhelfen. Zusätzlich positiv zu vermerken ist, dass sich alle Saiten durch die bessere Balance im Gesamtkontext besser durchsetzen.
Fanned Frets – Bundfächerung zur Vergrößerung der Mensur
Was hat Multiscale mit Fanned Frets zu tun? Und woher kommt der Begriff Fanned Frets eigentlich?
Im Prinzip ist das ganz einfach, denn eines konntest Du bereits erkennen: Auf den bisherigen Fotos nehmen die Saitenlängen, von der höchsten bis zur tiefsten Saite hin, an Länge zu. Daher müssen sich auch die Bünde den Saiten anpassen, denn ansonsten ist die Oktavreinheit nicht mehr gewährleistet. Und passt man die Bünde nun an die unterschiedlichen Saitenlängen der Gitarre an, ergibt sich optisch eine Fächeranordnung.
Übrigens: Man kann nicht nur Bünde fächern…
Ormsby Guitars gefächert. Copyright by Ormsby-Guitars
Angeschrägte Humbucker bei Fanned Frets Gitarren
Schauen wir uns nun die Tonabnehmer an, die sich im Idealfall der Bundfächerung anpassen. Wenn Du Dich schon etwas mit Multiscale-Gitarren auseinandergesetzt hast, dann ist Dir vielleicht aufgefallen, dass die Tonabnehmer bei vielen der Modelle schräg eingesetzt sind.
Normalerweise sind Pickups senkrecht eingebaut und das ist bei einer normalen Gitarre auch gut so. Bei einer Multiscale-Gitarre ergibt sich dabei jedoch ein Problem. Für einen tighten Klang nämlich, wie er bspw. im Metal und Rock gewünscht ist, ist eine gewisse Bridge-Nähe unerlässlich. Sind die Pickups nun senkrecht verbaut, erhöht sich auf den tieferen Saiten der Abstand zur Bridge. Dadurch wird der Ton wärmer. Das ist jedoch bei dieser Tonabnehmer-Position unerwünscht. Ähnlich verhält es sich auch beim Hals-Pickup.
Sind die Pick-Ups jedoch schräg verbaut, haben sie unter jeder Saite den entsprechenden Abstand zur Bridge und auch zum Hals. Und jede Saite bekommt den für ihre Mensur entsprechenden Klang – im Einklang mit den anderen Saiten. Dazu sieht es auch noch ziemlich genial aus, irgendwie scharf, fast windschnittig.
Telekrusher 8 The Monolith, Copyright by Krashburn Guitars
Hier eine Telekrusher 8 The Monolith von Krashburn Guitars. Hier siehst Du, abgesehen von dem edlen Holz, das aussieht wie der Uralt-Eichen-Tresen aus Deinem Stammlokal, wie die Humbucker der Bundfächerung angepasst sind.
Weitere Infos zur Pick-Up-Anordnung etc. findest Du unter anderem hier, bei Halo Guitars. Wir gehen jetzt nämlich über zu einem weiteren Vorteil der Multiscale-Gitarre: Ihrer Ergonomie.
Ergonomie bei Multiscale-Gitarren
Viele von Euch Gitarristen hatten schon mal eine Sehnenscheiden-Entzündung. Was stellenweise als Vorläufer viel schlimmerer Probleme gilt, hat nichtsdestotrotz schon vielen Gitarristen auch im Anfangsstadium den Spaß und die Karriere gekostet. In Anbetracht der Kraft, die teilweise über Stunden in der Greifhand aufgebracht wird, ist dies wenig verwunderlich. Vor allem, wenn Du zudem auf einem dicken Satz Saiten spielst. Kommt dazu noch ein fieser sehnenstreckender Akkord, dann wird es ungleich schlimmer. Dann gesellt sich zur Kraft nämlich noch eine übermäßige Dehnung dazu. Fertig ist die Repetitive Strain Injury, oder kurz: RSI. Umgangssprachlich bedeutet das für Dich dann eine überbeanspruchte Gitarristen-Hand und chronische Schmerzen. Und damit zwangsläufig auch Spielpausen und Krankengymnastik.
Aber wollen wir mal nicht zu depressiv an das Ganze herangehen. Stattdessen fragen wir Dich lieber, wie es wäre, wenn Dir die Gitarre mit ihrer Ergonomie entgegenkommen würde. Das wäre schon lässig, oder? Ganz bestimmt wäre es das. Und ganz genau das passiert bei der Multiscale-Gitarre.
Rick Toone – Ultimate Shred Machine, Copyright by Rick Toone Luthier
Hier ein Foto der Ultimate Shred Machine von Rick Toone. Rick ist ein Meister, wenn es darum geht, ausbalancierte und ergonomische, an den Musiker angepasste Custom-Instrumente zu entwerfen.
Die Nutzung der Anatomie – Die Evolution des Instruments