Wenn es um die Geschichte des Gitarren-Amps und des Rock’n’Rolls geht, führt am Marshall Verstärker kein Weg vorbei. Für fast niemanden.
Dabei fing James Charles „Jim“ Marshall, geboren 1923 in Kensington, England, erst als professioneller Schlagzeuger an. Das war in den 1940ern. Und es ermöglichte ihm sogar die Eröffnung einer eigenen Schlagzeugschule. Hier erteilte er unter anderem berühmten Drummern wie Mitch Mitchell, Micky Waller oder Nicky Underwood Schlagzeugunterricht.
Doch wie wir heute wissen, sollte es nicht beim Schlagzeug bleiben.
Jim Marshall (Quelle: Musik Meyer GmbH)
Der Anfang der Marshall Verstärker-Geschichte
1962 eröffnete Jim Marshall seinen ersten Laden in London. Hier verkaufte er eine ganze Bandbreite an Instrumenten, unter anderem abermals erstmal Schlagzeuge.
Jedoch machte er hier Bekanntschaft mit vielen Gitarristen. Unter anderem mit illustren Gestalten wie Pete Townsend von The Who oder Deep Purples Richie Blackmore. Diese überredeten ihn letztendlich auch Gitarren und Verstärker mit ins bestehende Repertoire aufzunehmen.
Und genau hier war der Moment in dem Jim herausfand, dass ein Großteil der Gitarristen zu dieser Zeit ein Problem hatte. Denn die damaligen Verstärker waren nicht in der Lage den Sound zu liefern, den viele Gitarristen sich wünschten. Und somit fing Jim mit seinem kleinen Team an, eigene Verstärker zu entwerfen. Der Marshall Verstärker war geboren.
Der erste Marshall Verstärker
Gegen Ende des Jahres 1962 veröffentliche Marshall seinen ersten Verstärker: Den Number One. Dieser war der Vorgänger des legendären JTM45 und befindet sich heute versiegelt hinter Glas im Marshall Museum. Eine Neuauflage des Marshall JTM 45 mit 30 Watt ist jedoch wieder käuflich zu erwerben.
Familienfoto der Marshall Handwired Verstärker (Quelle: Musik Meyer GmbH)
Louder Amps was what they needed – Marshall Verstärker in den Sechziger Jahren
Das Problem mit den Verstärkern der damaligen Zeit war, dass sie schlichtweg zu leise waren. Bands wie The Who, die mit steigendem Erfolg auf größeren Bühnen spielten, brauchten mehr Power.
Also besprach Pete Townsend das Problem mit Jim und heraus kam das erste 100W Marshall Topteil. Das Super 100 Head. Hinzu kam das 8×12“ Marshall Speaker Cabinet. Von da an hatten The Who und andere Bands ungeteilte Aufmerksamkeit auf den großen Bühnen der Welt. Und Marshall Verstärker ebenso.
Da das 8×12“ Speaker Cabinet nicht gerade das Transportabelste für ausgedehnte Touren war, wurden daraus zwei 4×12“Speaker gemacht. Das Marshall-Stack war geboren. Genauso, wie Du es von den Rock-Bühnen auf der ganzen Welt her kennst.
Der legendäre Marshall Plexi-Verstärker
Detail des legendären Marshall JTM (Quelle: Musik Meyer GmbH)
Ursprünglich der Name für die Marshall-Verstärker mit Plexiglas-Front, steht der Name heute am ehesten für den 1959er Super Lead Amplifier.
Exemplarisch für Bands wie The Jimi Hendrix Experience, Led Zeppelin und Deep Purple, ging der Verstärker aus dem Super 100 Topteil hervor.
Marshall Verstärker auf den Bühnen der Stars
Wenn es um Marshall Endorser geht, führt an Jimi Hendrix kein Weg vorbei. Von Jim Marshall selbst einst als bester Gitarrist verehrt, spielte Hendrix auf dem legendären Woodstock 1969 über Marshall-Speaker und Verstärker. Und auch sonst fanden sich Marshall-Stacks auf nahezu sämtlichen Bühnen der Welt.
Marshall trennt Vor- und Endstufe
In 1975 kam dann der Clou schlechthin. Damit man den verzerrten Marshall Sound nicht nur auf der brüllendsten Lautstärke bekam, wurde einfach an der Technik gefeilt. Von nun an wurde die Vor- und Endstufe des Amps getrennt geregelt. Ein genialer Schachzug der Verstärker-Schaltung.
Mit dem Marshall 2203 und dem Marshall 2204 Verstärker war der Master-Regler geboren worden. Dieser fand sich von nun an bei allen Marshall Verstärkern. Auch bei denen, die Du heute noch zu kaufen bekommst. Und selbstverständlich nicht nur bei Marshall Verstärkern. Aber das sind andere Geschichten.
Front eines Marshall JCM800 MR2203 (Quelle: Musik Meyer GmbH)Rückseite des Marshall JCM800 MR2203 (Quelle: Musik Meyer GmbH)
Hiermit wurde der Marshall 2203 JCM 800 zum Maß aller Dinge. Was auch so blieb, für die nahezu gesamten fünfzehn Jahre seiner Produktionslaufbahn.
Der Marshall JCM 800
1981 erblickte die neue Marshall JCM 800 Serie das sprichwörtliche Licht der Welt. Durch neue Distributionswege und ein erneuertes Design wurde der JCM 800 zu einem erschwinglicheren Modell. Dadurch wurde er auch von jüngeren Bands aus dem Punk und Wave Bereich gekauft. Und wenn Du nicht glaubst wie erfolgreich der JCM 800 war, dann schau‘ Dir mal Videos von Bands aus den 80ern an. Jede Wette, dass Du dort auf der Bühne einen Marshall JCM 800 Verstärker stehen siehst.
Der Marshall Silver Jubilee
Zum 25jährigen Firmenjubiläum der Marshall-Verstärker Riege wurde die Marshall Silver Jubilee Serie entwickelt. Diese bestand zum Beispiel aus dem Marshall 2555 Topteil mit 100 Watt. Ein weiterer Amp der Serie war das Marshall 2550 Topteil mit 50 Watt. Dazu kamen noch einige andere Modelle.
Ein Silver Jubilee Full Stack des Marshall 2555 Verstärkers (Quelle: Musik Meyer GmbH)
Der Marshall 2555 hatte eine ähnliche Bauweise wie der Marshall JCM 800. Jedoch glänzte der Silver Jubilee, wie der Name schon sagt, mit silberfarbenem Vinyl und verchromten Schaltflächen.
Hybride Marshall Verstärker in den 90ern: Valvestate Technology
Mit der Valvestate Serie brachte Marshall einige neue Konfigurationen auf den Markt. Darunter die meistverkaufte Marshall-Combo aller Zeiten: Den Marshall 8080 Verstärker mit satten 80 Watt.
Mit dem Marshall 8100 folgte schließlich ein 100 Watt Topteil. Dieses wurde in den Neunzigern von einer Vielzahl an Gitarristen benutzt. Vor allem, wenn Du mal in den Metal-Bereich reinschaust. Hier findest Du häufig einen 8100er.
Später in den 90ern kam schließlich die 30th Anniversary Series heraus. Diese findet sich heute noch klanglich im Joe Satriani Signature JVM410HJS wieder. Und wenn Du Satriani kennst, dann weißt Du auch, wie vielseitig sein Spiel ist. Und im Umkehrschluss weißt Du nun, was der Marshall alles kann.
Die Valvestate Modelle verfügten über eine Röhren Vorstufe und eine Transistor Endstufe. So sollte der warme Röhrensound mit einer merklichen Gewichtsersparnis zusammengebracht werden. Für Puristen nicht wirklich befriedigend. Den Preisvorteil wussten junge Gitarristen allerdings sehr zu schätzen.
Marshall-Verstärker zum 35jährigen Jubiläum
Im Jahre 1997 kam schließlich die White Anniversary Series heraus. Diese bestand aus mehreren Jubiläumsmodellen, welche zum Teil an erfolgreiche Modelle aus den 70ern und 80ern angelehnt waren. Darunter findest Du zum Beispiel das Marshall 1959 WSP Head, ein Super Lead Plexi mit 100Watt. Oder aber den 1987X WSP Head, eine Re-Issue des 50Watt Super Lead. Das Schöne: Die gesamte Serie erschien in weißem Vinyl.
Marshall Effekt-Pedale
Obwohl Marshall Bodeneffekte seit den 80ern und frühen 90ern erhältlich waren, kamen sie 1998 mit einem frischen Chrome-Look zurück. Distortion- oder Overdrive Bodentreter wie der GV-2 Guv’nor, BB2-Bluesbreaker oder JH-1 Jackhammer sind noch heute erhältlich. Ebenso Modulationseffekte wie der Marshall VT-1 Vibratrem, ED-1 Compressor, EH-1 Echohead Delay oder der Marshall RF-1 Reflector Reverb. Wenn Du also Bodeneffekte im Distortion und Modulations-Bereich benötigst: Auch hier ist Marshall Dein Ansprechpartner.
Marshall Mode-Four Amps
Mit der aufkommenden Welle des Nu Metal, tiefer gestimmten Gitarren und den populären 7-Saitern, änderten sich auch die Verstärker-Anforderungen.
Daher entwickelte Marshall den Marshall Mode Four. Ein 350 Watt Topteil mit einer vergrößerten 4×12“ Box und 400 Watt. Wenn Du deepen und bassträchtigen Sound brauchst, ist dies eine der Boxen der Wahl. Denn sie ist ideal für tiefere Tunings und heftigere Gitarrensounds.
Der Marshall Mode Four Verstärker ist angetrieben von einer Röhrenvorstufe und einer Solid-State-Endstufe. Damit wurde er schnell Bestandteil in vielen populären Bands am Anfang der 2000er.
Der Marshall JVM Verstärker
Kurz nach dem 40jährigen Jubiläum des Marshall Stacks, feierte die vollberöhrte JVM Serie in 2007 ihre Premiere. Diese wurde schnell ein Standard für spielerische und auch tonale Vielseitigkeit. Allem voran der Marshall JVM 410H. Ein Vierkanal-Flaggschiff, wobei jeder Kanal nochmal in drei Kanäle unterteilt werden kann.
Das Panel der Marshall JVM 410 Serie. Hier der MRJVM410H (Quelle: Musik Meyer GmbH)Die Front des Marshall JVM 410H (Quelle: Musik Meyer GmbH)
Der Marshall JVM 410H bietet Dir als Gitarristen eine Röhrensound-Vielfalt wie Du sie bisher kaum erlebt hast. Von sahnigem Clean bis knackigem Crunch ist alles dabei. Jedoch bietet er Dir gleichzeitig satteste Distortion und fettesten High-Gain. Damit ist er Dein Partner für nahezu alle Genres der Gitarrenmusik. Antesten.
Die klassische Weiterentwicklung der Marshall Produktpalette
Nach Jahren im Verstärkerdesign, fasste Marshall in 2010 auch auf dem Kopfhörermarkt Fuß. In dem gleichen Stil wie auch die Amps, wurden nun zusätzlich Kopfhörer mit dem signifikanten Marshall-Logo produziert. Diese liefern Dir den Marshall-Sound für stille Gehör, in der Straßenbahn oder im Recording-Bereich.
Weniger Power, gleicher Klang. Marshall Verstärker im neuen Jahrzehnt.
Mit einem neuen Aufbegehren von Rock-Bands wurden auch andere Wünsche geboren. Unter anderem kleinere Topteile, die jedoch denselben sahnigen Röhrensound ablieferten wie die großen Brüder. Daher erschuf Marshall im Jahr 2011 die Marshall Class 5 Verstärker Serie. Angetrieben von den bekannten ECC83 und EL84 Röhren, wurde der Class 5 zu einem waschechten Class A Marshall Verstärker. Mit einem klassischen Crunch- und Drive Channel.
Back to the Roots in 2013
Nachdem Marshall auch im Heimaudio-Markt Fuß gefasst hatte, gab es schließlich im Jahre 2013 eine handverdrahte Serie an Re-Issues. Diese fingen den klassischen Marshall-Spirit erneut ein. Unter anderem mit dem 1973X, dem 1958X, dem 2245THW und dem 1962HW.
Im Jahre 2014 feierte Marshall schließlich sein 20jähriges Jubiläum der AS Serie. Dem Marshall Acoustic Amplifier, einem der populärsten Akustik-Verstärker der Welt.
Wie es weitergeht, dass weiß bisher niemand. Aber Marshall weiß nach all den Jahren immer noch zu überzeugen. Selbst wenn Du einen Boutique-Verstärker suchst, wirst Du bei Marshall fündig.
Marshall Astoria MRAST2. Der Vorstoß in die Boutique-Verstärker Riege im Art-Deco-Stil (Quelle: Musik Meyer GmbH)
Marshall Verstärker – Letzte Worte
Zu guter Letzt bleibt nur zu sagen, dass auf Marshall Verstärker Verlaß ist. Nach Jahrzehnten an Bühnenerfahrung weiß Marshall, wie kaum ein anderes Unternehmen, was für eine Tour notwendig ist. Manche sagen der Marshall-Sound passt nicht zu ihnen. Aber das kann man über jeden Amp sagen. Und außerdem muss das jeder für sich selbst herausfinden. Vielleicht ist er für Dich genau das Richtige.