Was hat es mit Gitarren der Marke Orville by Gibson auf sich?

Für viele von uns ist eine Gitarre von Gibson das Nonplusultra. Am liebsten sollte es natürlich eine gut durchgehangene Les Paul aus amerikanischer Produktion sein. Oder wie wäre es für die Freunde der halbakustischen Instrumente mit einer edlen Gibson ES-335? Fans von Angus Young (AC/DC) oder Tony Iommi (Black Sabbath) würden sicher zu einer SG greifen. Leider sind diese Modelle in einer Preislage angesiedelt, die nicht mal eben so bezahlt werden kann. Zumindest dann, wenn die Gitarren aus amerikanischer Produktion stammen. Gebrauchte Gitarren bieten hier immer eine erschwingliche Alternative.

Wer die Angebote gebrauchter Gitarren verfolgt und durchsucht, dem ist mit großer Sicherheit schon die Marke „Orville“ oder auch „Orville by Gibson“ aufgefallen. Sie wurden nur von ca. 1989 bis 1998 gebaut und unterscheiden sich je nach Baujahr mehr oder weniger von den Originalen aus den USA.

Der Headstock einer Orville by Gibson Les Paul Custom
Der Headstock einer Orville by Gibson Les Paul Custom - Foto by Patrick Keenan at The Twelfth Fret

Gibson USA und Epiphone – Prestige und Preis

Wer eine ladenneue Gibson Les Paul kaufen will, der kann schon mal locker drei große Scheine loswerden. Von den Preisen der gebrauchten Vintage-Originale aus den 50er und 60er Jahren ganz zu schweigen.

Preiswertere und optisch sehr ähnliche Alternativen bietet die Gibson-Tochter Epiphone. Doch der Unterschied zu den Gibson Gitarren war und ist immer noch deutlich spürbar. Die Auswahl des Tonholzes, die Qualität der Hardware und der Pickups und nicht zuletzt die handwerkliche Verarbeitung des Ganzen erfordern nun mal ihren Preis in harten US-Dollars. Auch wenn Gibson sich seit jeher anmeckern lassen muss, weil halt nicht alles ganz perfekt verarbeitet ist. Man kauft halt immer auch das Prestige der Marke – oder wie es der Hersteller gerne selber nennt – den „Ghost of Gibson“ mit.

Frontansicht einer Orville by Gibson Les Paul Custom
Frontansicht einer Orville by Gibson Les Paul Custom - Foto by Patrick Keenan at The Twelfth Fret

Gehen wir ein paar Jahre zurück in die Law-Suit Era

Doch das war mal anders, denn in den späten 80er-Jahren erschienen plötzlich astreine Gibson-Kopien japanischer Fertigung auf dem Markt. Mit den legendären „Open Book“ Headstocks und in absolut hochwertiger Qualität. Besagter Headstock trug allerdings den Markennamen „Orville“ als Logo. Und wer unseren Gibson-Artikel gelesen hat, der weiß, dass dies der Vorname des Gibson Gründers Orville war. Diese Instrumente füllten damals also die Lücke zwischen den teuren USA- und den zumeist minderwertigen Koreamodellen.

Sie entstanden zwischen 1989 und 1998 aus einer Zusammenarbeit zwischen Gibson und dem damaligen japanischen Importeur der Gibson-Instrumente, Yamano Gakki. Zu dieser Zeit war Japan fast noch ein Billiglohnland, das aber hohe Qualität lieferte. Entsprechend kostengünstig ließen sich die Gitarren und Bässe im damaligen Stammwerk von Yamano Gakki fertigen.

Als „Made in Japan“ zum Markenzeichen wurde

Nahezu jede Gitarre, die Gibson im Programm führt, gab es damals auch von Orville zu gut der Hälfte des Preises zu kaufen. Aber dennoch von einer solch guten Qualität, die sich hinter den amerikanischen Modellen kaum zu verstecken brauchte.

Ohnehin entwickelte sich die Fertigungsqualität japanischer Gitarren und Bässe in den 80er-Jahren enorm weiter und erreichte zuweilen einen Standard, der den von Instrumenten aus amerikanischer Fertigung ebenbürtig war. Zum Teil war die Qualität so gut, dass sie die der amerikanischen Originale sogar übertraf. Man denke hier nur an Namen wie Ibanez, die sich vom Hersteller von Strat- und Les Paul Kopien zum Marktführer mit ständig neuen Innovationen entwickelt haben. Und das zu Recht.

Frontansicht einer Orville by Gibson Les Paul Custom
Frontansicht einer Orville by Gibson Les Paul Custom - Foto by Patrick Keenan at The Twelfth Fret

Look & Feel wie beim Original

So entstanden bei Orville neben dem Klassiker Les Paul auch all die anderen bekannten Modelle. Neben Explorer, SG, Flying V und halbakustischen Gitarren auch E-Bässe wie der Thunderbird oder eine ganze Reihe akustischer Gitarren. Diese Instrumente erzielen heute auf dem Gebrauchtmarkt immer noch recht passable Preise. Wenn man sie denn findet.

Da die Produktion der Orville-Instrumente faktisch nur von 1988 bis 1998 stattfand, ist die Marktverfügbarkeit nämlich entsprechend gering. Und wenn dann schon mal eine Gitarre oder ein Bass auftaucht, kann man nur staunen, in welch gutem Zustand sich das Instrument in aller Regel befindet. Das zeigt, mit was für einem hohen Produktionsstandard bereits damals in Japan gefertigt wurde.

Der Zahn der Zeit scheint hier nicht viel ausgerichtet zu haben. Ähnlich wie es bei den Originalmodellen von Gibson der Fall ist. Der Ferne Osten holte damals also gewaltig auf. Und Orville-Gitarren sind heute der lebendige Beweis dafür.

Gibson Replacement Parts für Orville Gitarren

Aufgrund der Tatsache, dass das Design und das Layout der Orville-Gitarren und -Bässe exakt denen der original Gibson-Instrumente entspricht, sieht es mit der Ersatzteilversorgung natürlich bestens aus. Pickups und Hardware stammten damals ebenfalls aus japanischer Fertigung und waren absolut in Ordnung.

Durch einen Wechsel auf US-PAFs ist bei der einen oder anderen Gitarre aber sicher noch etwas rauszuholen. Gleiches gilt für die Verschleißteile wie Mechaniken oder Potis. Auch hier passen die original Gibson-Teile selbstverständlich eins zu eins und können eine Gitarre oder einen Bass von Orville entsprechend aufwerten bzw. wieder instandsetzen.

Die Bilder für diesenBeitrag wurden uns freundlicherweise von Patrick Keenan von The Twelfth Fret zur Verfügung gestellt.

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